Von der Einwanderung zur Migration – Wissenshistorische Vorüberlegungen zu einer Zeitgeschichte der postmigrantischen Gesellschaft, 1980- heute
Referat im Panel Migration neu denken: Schweizer Migration im 20. Jahrhundert aus einer postkolonialen Perspektive
„Migration ist ein universelles Phänomen.“ – „Die Geschichte der Menschheit ist Migrationsgeschichte.“ – Der Mensch als „homo migrans“ (Bade 1994). Im Kontrast zu dieser anthropologischen Universalisierung der „Migration“, die in den letzten drei Jahrzehnten in der deutschsprachigen historischen und sozialwissenschaftlichen Migrationsforschung wirkmächtig geworden ist, steht einerseits die Beobachtung, dass der Begriff „Migration“ und die damit verbundene Figur des „Migranten“ in der deutschsprachigen Zu-, Ein-, und Auswanderungsforschung vor 1980 nicht relevant vorkommt. In dem Paper soll die semantische Verschiebung von der “Einwanderung” zur “Migration” ab den 1980er Jahren als Ausdruck eines tieferliegenden epistemischen und politischen Wandels im Umgang mit Zuwanderung im Ausgang der Ära der Gastarbeit verstanden werden. In meinem Paper möchte ich einige konzeptuelle Vorüberlegungen und historisch-empirische Ansatzpunkte zum Projekt einer Zeitgeschichte dieser Transformation zu einer „postmigrantischen Gesellschaft“ vorstellen. (Spielhaus, Karakayali & Tsianos).
Es wird darum gehen, die historische Spezifik des neuen Migrations- und damit verbunden Integrationswissens am Beispiel von Deutschland und der Schweiz zu verstehen, und zwar vor dem gesellschaftlichen Hintergrund zuwanderungsbedingter soziokultureller Transformationen und einer entsprechenden Verschiebung politischer Konflikträume im ambivalenten Spannungsfeld von Regierungstechnologien, strukturellem Rassismus und widerständigem Handeln.