Die Rhizomatik der Rohstoff-Macht. Dynamiken und Verflechtungen in Zug, Genf und der Schweiz seit den 1970er-Jahren
Während der Transithandel mit agrarischen Rohwaren sich in der Schweiz bis weit ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, fand der Aufstieg zum wichtigen Umschlags- und Handelsplatz für Energie- und Metallrohstoffe in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts statt. Mittlerweile werden 60 Prozent des weltweiten Metall- und 35 Prozent des globalen Rohölhandels von der Schweiz aus organisiert. Durch die Integration von Produktionsketten sowie von Finanz-, Versicherungsdienstleistungen haben sich Rohstoffunternehmen in den letzten Jahren diversifiziert und das Commodity Cluster erweitert. Entsprechend heissen die fünf umsatzstärksten Unternehmen der Schweiz heute Vitol, Glencore, Cargill, Trafigura und Mercuria – alle im Rohstoffbereich tätig. Erst auf Platz 6 folgt der Nahrungsmittelkonzern Nestlé. 1975 lag dieser noch auf Platz eins, gefolgt von Ciba-Geigy, BBC, Migros und Coop. Damals begann der Aufstieg der Marc Rich & Co. AG, eines Erdöl-Traders, der in den frühen 1990er-Jahren Glencore hervorbrachte. An diesem Beispiel lässt sich zeigen, wie und dass Rohstoffmacht in einem rhizomorphen Geflecht mit transnationalen Verflechtungen nicht nur stets neue globale Produktions- und Absatzorte hervorbrachte, sondern sich in vielfältiger Weise mit der lokalen Wirtschafts-, Steuer-, Finanz-, Kultur- und Bildungspolitik verband. Und wie Rohstoffmacht auch kritische Gegenmächte erzeugte, die ihre Legitimität wesentlich aus der Kritik am Commodity Business bezogen. Umweltschäden, Ausbeutung, Gesundheitsschäden oder Profit Base Shifting lauten die Anklagepunkte. Die hohe Preisvolatilität zeigt zudem, wie riskant dieses Geschäft nicht nur für die in der Mine Beschäftigten ist. Solche und weitere Aspekte stehen im Zentrum des geplanten Beitrags, der die Ausbreitung des Rohstoffmacht-Rhizoms in seinen vielgestaltigen, transnationalen und lokalen Verflechtungen und Verbindungen analysiert.